One Night before Christmas von Franzi H.
Staub füllte ihren Mund, setzte sich in ihren Lungen fest und trocknete ihre Kehle aus. Überall um sie herum brach die Erde auf und Feuerfontänen schossen gen Himmel, die Luft stank nach Schwefel.
Sie versuchte sich aufzurichten und um Hilfe zu schreien, doch aus ihrem Mund kam nur ein heiseres Gurgeln, ihre Glieder waren schwer wie Blei. Direkt neben ihrem Kopf brach ein heißer Lavastrahl aus dem Boden, stieg hoch in die Luft, knickte ab und stürzte ungebremst und glühend heiß auf ihr Gesicht zu. Aus der Ferne kam ein höhnisches Lachen und diesmal schrie sie…
Sie versuchte sich aufzurichten und um Hilfe zu schreien, doch aus ihrem Mund kam nur ein heiseres Gurgeln, ihre Glieder waren schwer wie Blei. Direkt neben ihrem Kopf brach ein heißer Lavastrahl aus dem Boden, stieg hoch in die Luft, knickte ab und stürzte ungebremst und glühend heiß auf ihr Gesicht zu. Aus der Ferne kam ein höhnisches Lachen und diesmal schrie sie…
„Ist ja schon gut, ist ja okay, sssshhhh“, zwei starke Arme halten ihren Körper ruhig, zunächst wehrt sie sich so gut es geht, doch die Stimme beruhigt sie und die Arme drücken sie an eine breite Brust. Als sie langsam zu sich kommt und die Augen öffnet, starrt sie auf ein wohlbekanntes Siegeltattoo: Aufrechtes Pentagramm in einem Ring aus Flammen. „Dean?“, ihre Stimme klingt fiepsig und klein. Na toll, auch das noch. Ist ja nicht so, dass er sie schon die dritte Nacht in Folge aus einem Alptraum holt, über den sie nicht sprechen will, aber jetzt liegt er neben ihr im Bett. Das würde sie unter normalen Umständen nicht stören, aber im Moment? Schwäche zeigen ist nicht ihr Ding und ihm schon gar nicht. Sie rutscht ein Stück von ihm weg. „Bist du okay?“ „Jaja, passt schon.“, zittrig und aufgewühlt ist sie, aber lieber die Zunge abbeißen, als das einzugestehen. Er rutscht vom Bett und sie lässt den Kopf zurück in die Kissen sinken, tief durchatmen, Nell! In Nullkommanichts ist er wieder da und hält ihr zwei Flaschen vor die Nase, die eine sieht aus wie eine Wasserflasche, die andere enthält dem Anschein nach Whiskey. Sie schnappt sich das Wasser, nimmt einen tiefen Schluck und… spuckt alles im hohen Bogen und äußerst geistesgegenwärtig über den schmuddeligen Teppichboden. „Wodka, Dean? Ernsthaft!?“
„Sorry, ich dachte du wüsstest, dass da kein Wasser drin ist.“, wenigstens hat er den Anstand leicht beschämt auszusehen.
Mit einem Ächzer lässt er sich zurück auf das Bett plumpsen und stürzt den Whiskey herunter.
Sie beobachtet ihn von schräg unten, den Kopf wieder in die Kissen gedrückt. Ihr Gesicht ist ausdruckslos, aber sie mag es nicht ihn trinken zu sehen. Ein paar Bier und Schnaps im Pub, kein Problem, aber Dean hängt fast den ganzen Tag an der Flasche. Sie weiß ja welche Dämonen er damit zu ertränken versucht, aber auf die Dauer hilft der Alkohol nicht. Wenigstens merkt man ihm kaum an, dass er trinkt.
„Was wars diesmal?“ „Hölle, Tod und Teufel. Das Übliche.“, er nickt. War klar, dass sie nicht drüber reden will, würde er auch nicht wollen, wenn es seine Träume wären, aber insgeheim macht er sich doch Sorgen. Vor 5 Tagen haben sie sich durch Zufall getroffen und festgestellt, dass sie am gleichen Fall arbeiten und ausnahmehalber beschlossen zusammen zu arbeiten, vor 3 Tagen hat ihr Aufschreien ihn das erste Mal aus dem Schlaf gerissen. Sam übrigens nicht. Entweder Sam hat einen tieferen Schlaf als er oder er nimmt sie einfach nicht wahr.
Ihr scheinen die Augen wieder zuzufallen. Ihr Atem wird wieder ruhiger. Je näher Weihnachten kommt, desto schlimmer werden ihre Träume, desto verzweifelter sind ihre Schreie und desto heftiger schlägt sie um sich. Gestern hätte sie ihm beinahe ein blaues Auge verpasst. Mit einem Seufzer drückt sie den Kopf tiefer in die Kissen und er zupft ihr sanft eine kastanienfarbene Strähne aus dem Gesicht.
Sie ist eine gute Jägerin mit einem großartigen Instinkt. Die Gerüchteküche sagt, dass sie halb Kalifornien im Alleingang von sämtlichen übernatürlichen Aktivitäten gesäubert hat. Als Sam sie am ersten Abend im Pub darauf angesprochen hat, hat sie einen derartigen Lachkrampf bekommen, dass sie beinahe erstickt wäre und nur den Kopf geschüttelt.
Das monotone Blinken der Leuchtreklame vor dem Fenster und der Alkohol sorgen dafür, dass Dean in eine Art komatösen Schlaf fällt und keinen von der erholsamen Sorte.
Zwei Stunden später schlägt Nell die Augen wieder auf. Sie hat das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen, sie muss raus hier. Dean schläft, in halb aufrechter Position, das gibt Rückenschmerzen morgen und Gejammer beim Frühstück.
Langsam kriecht sie aus dem Bett um ihn nicht zu wecken. Sie tastet nach ihren Bikerboots, wobei einer krachend umkippt. Dean zuckt zusammen, schläft aber weiter. Sie greift nach ihrer Jacke und flüchtet auf den Gang. Zieht Schuhe und Jacke an und tapst am verlassenen Rezeptionstresen nach draußen zu ihrem Auto. Der Neuschnee hat ihren neuen Jaguar X-Type und den 67er Chevy Impala mit einer Haube überzogen und es schneit immer noch. Kurz bevor es in den anderen Ort geht, hat sie eine Kirche gesehen und irgendwie zieht es sie jetzt da hin. Notdürftig wischt sie den Schnee von den Scheiben und setzt sich ins Auto, hier drin ist es kalt wie in einem Sarg. Zum weiß Gott wievielten Mal dankt sie wem auch immer die Hybridmotoren erfunden hat, denn kaum hörbar springt der Motor an und sie rollt vom Parkplatz. Immer grade aus, bis sie die Kirche gefunden hat. Sie ist nicht besonders groß, weiß, mit gotischen Fenstern und von Wald umgeben, links daneben ist ein kleiner Friedhof. Vor der Kirche stehen hohe Tannen und auch einige Laubbäume. Die Gemeindemitglieder haben die Bäume und Büsche festlich geschmückt und Lichterketten schwingen sachte in den kahlen Ästen. An den Tannen hängen sogar rote Kugeln, die im Wind aneinander klirren und große Strohsterne.
Sie hat das Auto an der Straße stehen lassen und steht jetzt vor der Kirche. Die Fenster sind hell erleuchtet und der Gesang von vielen Kehlen schallt herüber. Die Christmette hat schon angefangen. Sie möchte nicht hinein gehen, stattdessen weicht sie in den Schatten der Bäume rechts von der Kirche zurück. Sie schlingt die Arme um sich und senkt den Kopf. Ein Strom von Bildern läuft vor ihrem inneren Auge vorbei. Ihre Mutter, ihr Vater, ihre Schwester, die kleine Nichte und ihr Schwager. Drinnen haben sie angefangen ‚Stille Nacht’ zu singen. Stumm fangen die Tränen an zu Laufen und purzeln die Wangen hinunter in den Schnee.
Sie hört ein Geräusch von der Straße, erst einen jaulenden Motor, dann quietschende Bremsen und knallende Autotüren.
Wenige Minuten später stapfen zwei dunkle Gestalten durch den Schnee, eine davon ist ziemlich groß und ziemlich schlecht gelaunt „Du kannst doch nicht einfach so abhauen!“, schnappt ein immer noch verschlafener Sam, aber Dean hat die Situation schneller erfasst, als sein kleiner Bruder. „Lass gut sein, Sam!“ Er legt ihr still einen Arm um die Schultern und bleibt einfach stehen. Auch Sams schlechte Laune hat sich verflüchtigt, vertrieben von dem Ort, den hell erleuchteten Fenstern und den geschmückten Bäumen. Zu dritt stehen sie im Schatten, können sich doch nicht von der Kirche losreißen und hängen alle drei ihren eigenen Gedanken nach.
Tief und voll beginnen die Glocken zu läuten und wenigstens für diese Nacht senkt sich Frieden über die
Erde.
PLATZ 3.
des "FanFiktionTwilightAdventskalender"-Oneshotwettbewerbs 2010